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Astronomie

Auch „normale“ Sterne sind Planetenkiller

Rund acht Prozent der mittelalten Hauptreihensterne haben Planetenmaterial verschlungen

Planetenzerstörung
Auch mittelalte, normale Sterne können häufiger als gedacht zu Planetenkillern werden, wie Astronomen entdeckt haben. © Elen11/ iStock

Von wegen harmlos: Nicht nur die gigantisch aufgeblähten Roten Riesen können Planeten verschlingen – auch überraschend viele normale, mittelalte Sterne sind „Planetenkiller“, wie Astronomen entdeckt haben. Bei ihren Spektralanalysen zeigten rund acht Prozent der untersuchten Hauptreihensterne Elementsignaturen, die von Planetenmaterial stammen müssen, wie das Team in „Nature“ berichtet. Diese Sterne haben demnach ganze Planeten oder deren Trümmer verschlungen.

Bisher galten Sterne vor allem in ihrer Jugend und im Alter als Planetenzerstörer. Wenn sich beispielsweise unsere Sonne dem Ende ihres Lebenszyklus nähert, wird sie sich zum Roten Riesen aufblähen und fast alle Planeten des inneren Sonnensystems verschlingen – auch die Erde. Wie dies ablaufen wird, konnten Astronomen vor einigen Jahren live beim Roten Riesen ZTF SLRN-2020 beobachten. Auch bei einigen Weißen Zwergen, den dichten Relikten ausgebrannter Sonnen, haben Forschende schon Planetentrümmer und spektrale Signaturen von Planetenmaterial nachgewiesen.

„Zwillingssterne“ im spektralen Vergleich

Doch was ist mit „normalen“, mittelalten Sternen? Bisher galten solche Hauptreihensterne als eher harmlos, sofern ihnen ein Planet nicht zu nahe kommt. Zwar gibt es Fälle, in denen der Stern einem nahen Planeten Material absaugt oder ihn sogar zerreißt, wie oft dies jedoch vorkommt, war unklar. Deshalb haben dies Fan Liu von der Monash University in Australien und sein Team nun näher untersucht.

Für ihre Studie wählten die Astronomen einen raffinierten Ansatz: Sie analysierten und verglichen das Elementspektrum von 91 Paaren von Sternengeschwistern – Sternen, die gemeinsam in einer Sternenwiege entstanden sind, aber keine Doppelsterne sind. Auch die Sonne hat eine solche Schwester. „Diese Zwillingssterne wurden in derselben Molekülwolke geboren und müssten daher chemisch absolut identisch sein“, erklärt Liu. Sind sie es nicht, weist dies auf die Aufnahme von Fremdkörpern bei einem der beiden hin.

„Planetenkiller“ überführt

Und tatsächlich: „Dank der hochauflösenden Spektralanalysen haben wir chemische Unterschiede zwischen den Zwillingssternen entdeckt“, berichtet Liu. Der Vergleich von 21 Elementsignaturen ergab elf Fälle, in denen einer der beiden Zwillingssterne deutlich mehr „Verunreinigungen“ durch Elemente wie Mangan, Chrom, Titan, Aluminium und Eisen, aber auch Silizium, Cer und Calcium aufwies. Die spektralen Unterschiede waren in sieben Fällen so groß, dass sie nicht allein durch bloße Diffusion von Gasen oder andere „harmlose“ Ursachen erklärbar sind, wie das Team erklärt.

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Nach Ansicht der Astronomen bedeutet dies: Rund acht Prozent dieser Zwillingssterne müssen einen Planeten oder Planetenmaterial verschlungen haben. „Das Verschlingen eines ganzen Planeten ist dabei unser favorisiertes Szenario“, sagt Liu. „Allerdings können wir nicht ausschließen, dass einige dieser Sterne auch reichlich Material aus der protoplanetaren Scheibe aufgenommen haben.“ Das Alter der Teststerne spricht jedoch dafür, dass die Aufnahme des Planetenmaterials noch nicht lange zurückliegt. Denn nach mehreren Milliarden Jahre wären die Unterschiede nicht mehr so klar nachweisbar.

Heiße Supererden sind besonders gefährdet

„Damit haben unsere Ergebnisse weitreichende Implikationen für Szenarien der Planetenbildung und -zerstörung“, konstatieren Liu und sein Team. Denn anders als bisher gedacht sind Planeten nicht nur in ihrer turbulenten Jugend oder beim Aufblähen eines Roten Riesen in Gefahr. Auch dazwischen können ganz normale Hauptreihensterne zu „Planetenkillern“ werden. Ursache für solche späten Akkretions-Ereignisse können beispielsweise Störeffekte durch nahe Sternenpassagen oder Bahnwechsel von weiter außen kreisenden Gasriesen sein.

Besonders gefährdet sind den Astronomen zufolge Supererden. „Rund 30 bis 50 Prozent der sonnenähnlichen Sterne haben innen kreisende Supererden“, berichten Liu und sein Team. „Wenn wir dies und unsere Verschlingungsraten berücksichtigen, könnte jede vierte bis zehnte dieser Supererden Opfer einer solchen Zerstörung werden.“ (Nature, 2024; doi: 10.1038/s41586-024-07091-y)

Quelle: ARC Centre of Excellence for All Sky Astrophysics in 3D (ASTRO 3D)

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